Das LENZ-Projekt.

Nach der Erzählung von Georg Büchner

Ein cross-mediales Projekt mit Jugendlichen

Zwanzig Tage im Leben von Jakob Michael Reinhold Lenz (1751 - 1792). Georg Büchners Erzählung „Lenz“ behandelt authentische Ereignisse um den jungen Dichter. Lenz ist außer alle soziale Zusammenhänge geraten und psychisch an einem Tiefpunkt angelangt. Seine wegweisende, seiner Zeit vorausgreifende künstlerische Arbeit wird wenig beachtet und erfährt kaum Anerkennung. Die großen, von ihm bewunderten Dichterkollegen wie z. B. Goethe, verlieren die Geduld mit seiner sozial und politisch ungeschickten Art und lehnen ihn ab. Er reist in das entlegene Waldersbach im Steintal zum Pfarrer und Sozialreformer Oberlin, um sich wieder zu fangen und einen Weg für sich zu finden.

Regie: Barbara Englert; Textfassung und Dramaturgie: Jutta Kaußen; Film und Bühneninstallation: Pola Sell; Choreographische Beratung: B-Shoo ; Musik: Bastian Kämmer; Technik und Lichtdesign: Johannes Schmidt; Assistenz: Fabian de Hair; Hospitanz: Meltem Hacibayramoglu.

Es spielen: Ishak, John, Lea, Lena, Luc, Philipp (u. a. im Film)

Premiere am 5. September 2013 in der jugend-kultur-kirche st. peter, Frankfurt am Main

Weitere Vorstellungen am 18. und 19. September 2013 und am 12. und 13. Dezember 2013, jeweils 19.30h

Büchner betrachtet seine Figur analytisch genau, er beschreibt Lenz' Seelenzustand und sein Verhalten Menschen gegenüber innerhalb eines sozialen Gefüges und seinen Abläufen. Die Erzählung besteht aus Landschaftsschilderungen, die als Spiegelung des Inneren gelesen werden können, aus Begegnungen mit Menschen, die einer Gruppe oder Familie angehören, aus künstlerischen Reflexionen und enthält einen umfangreichen dokumentarischen Anteil – Büchner übernahm Oberlins Bericht über Lenz fast wörtlich in seinen Text.

Wir übernehmen Büchners Struktur der Erzählung mit den dokumentarischen Einschüben für unser Stück. Die Rezeption hat Lenz' Unvermögen, sich selbstsicher an andere Menschen oder Gruppen anzuschließen und sein seltsames Verhalten im Nachhinein als "schizophrene Psychose" diagnostiziert. Doch können auch andere Ursachen der Grund für das Herausfallen eines Menschen aus sozialen Zusammenhängen sein. Wir nehmen alle als gleichbedeutend an und beziehen die Erfahrungen der Jugendlichen ein.

Die Jugendlichen stehen für „Lenz“, der versucht, Anschluss, Anerkennung und Heilung zu finden. Visualisiert in Tableaux Vivants und einer Bühnenchoreographie und -installation, stellen sie ihn wechselweise dar. Büchners Text bleibt mit leichten Kürzungen erhalten. Der dokumentarische Teil wird eingespielt: In Analogien und Kontrasten, assoziativ, bringen die Jugendlichen ihre eigenen Erfahrungen und ihre Lebensrealität ein. Sie setzen sich mit dem Büchner-Text auseinander und reagieren auf das Erzählte. Übertragen auf das Stück bilden sich so nicht nur Spielarten, sondern auch Lesarten, die die Biographien der Dichter mit einbeziehen.

Die ersten Treffen mit Jugendlichen im Alter von 16 - 21 Jahren fanden ab Ende Mai einmal in der Woche statt. Allen Jugendlichen war gemeinsam, dass sie etwas konnten, das in der breiten Öffentlichkeit, Schule oder Beruf, wenig Anerkennung fand. Grafitti-KünstlerInnen, ErzählerInnen, DichterInnen, RapperInnen und SängerInnen, die ihre eigenen Texte schrieben, waren dabei. Einige von ihnen nahmen an Poetry Slams oder Open Mikes teil, andere übten ihre Kunst hart am Rande der Legalität aus. Zur streetart, zu der man jene vielleicht hätte rechnen können – was sie aber nicht gerne hörten, sie wollten nicht eingeordnet werden – gehört das Spontane, das Ungeregelte. Gelegentliche Kollisionen mit den Ordnungskräften und ein eventuelles juristisches Nachspiel blieben hier und da nicht aus. (Die Jugendlichen, die dies betraf, blieben nicht im Projekt. Aus verständlichen Gründen wollten sie nicht öffentlich auftreten.) Keine/r von ihnen hatte je eine entsprechende schulische oder akademische Ausbildung genossen. Die Jugendlichen hatten sich ihre Kunst selbst beigebracht oder von anderen gelernt. Ein großes, kreatives Potential zeigte sich uns. Wir wollten es auf der Bühne sichtbar und erlebbar machen.

Zum "Schauspielen" gehört das Sich-souverän-auf-der-Bühne-Bewegen und Konzentrieren, den Raum und seine Kraftfelder Erfassen, das akzentuierte, mit Kraft Sprechen, das Erkennen und Darstellen von Verbindungen und Beziehungen, das ökonomische Umgehen mit den eigenen Kräften und die Kontrolle darüber. Und ein Stück funktioniert nur, wenn alle miteinander und zusammen arbeiten, wenn sich eine Gruppe bildet, in der sich jeder auf jeden verlassen kann.

Die Übungen hierzu gaben häufig Anlass zu großem Gelächter, wenn Sätze aus dem Büchner-Lenz in immer anderen Betonungen gesprochen wurden, der Raum mit dem Mobiliar als Szenenbild verändert oder mit Wollfäden ein Beziehungsgeflecht sichtbar gemacht, in das alle geradezu unauflöslich verwickelt wurden. Bei den Improvisationen hatten die Jugendlichen viele Ideen, wie Stimmungsbilder mit Körpereinsatz und Text-Sprechen hergestellt werden konnten. Wir haben einige für die Endfassung übernommen.

Während der Einmal-pro-Woche-Proben herrschte ein reichlich lebendiges Kommen und Gehen. An die 25 Jugendliche haben insgesamt vorbeigeschaut, mitgemacht, gezeigt, was sie können und sind auch wieder gegangen. Vielen fehlte die Zeit, regelmäßig mitzuarbeiten oder ihnen war die Sprache Büchners zu fremd. Allerdings haben wir feststellen können, dass sich Büchners Text auch rappen lässt (danke, John!).

Im Lauf der Proben gerieten die künstlerischen Begabungen und Aktivitäten der Jugendlichen sowie ihr soziales und gesellschaftspolitisches Engagement in den Fokus. Alle befinden sich an einem wichtigen Punkt in ihrem Leben. Die Entscheidung, wie es nach Schulabschluss oder -abbruch weitergehen soll, steht an. Sich in ihrer Kunst ausbilden lassen, also weiter Schule oder Studium, es einfach versuchen über learning by doing oder sich zu einem Brotberuf entschließen und nebenbei künstlerisch weitermachen? Ein Konflikt, den die Dichter Lenz und Büchner auf jeweils andere Weise für sich gelöst haben.

Seit den Endproben, die Anfang August begonnen haben, steht die feste Gruppe. Auf der Bühne im September stehen Ishak, John, Lea, Lena, Luc und Philipp. Alle anderen kommen im Film vor - das Projekt und seine Darstellerinnen und Darsteller werden bis nach der letzten Vorstellung filmisch begleitet und das Filmmaterial in der Bühneninstallation eingesetzt. Nach Abschluss der Theaterarbeit ist ein Dokumentarfilm geplant.

Premiere: 5. September 2013. Weitere Vorstellungen: 18. und 19. September und am 12. und 13. Dezember 2013, jeweils 19.30 Uhr.

jugend-kultur-kirche sankt peter gGmbH, Bleichstraße 33, (Zugang über Stephanstraße/Nähe Zeil), 60313 Frankfurt am Main.

Proben:

Ab 27. Mai montags von 18h - 22h in der jugend-kultur-kirche.

Vom 5. August bis zur Premiere am 5. September, Proben von Montag bis Freitag ganztägig.

Am Wochenende vor der Premiere, am 31. August und 1. September, bleibt als Option für zusätzliche Proben.

Premiere 5. September 19.30 Uhr

Für die Unterstützung des Projektes danken wir dem Kulturamt der Stadt Frankfurt, dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, der Marguerite von Grunelius-Stiftung, der EKHN Stiftung, Frankfurt, der Naspa Stiftung, der Sparda Bank, privaten, ungenannt bleiben wollenden Sponsoren und unserem Projektpartner jugend-kultur-kirche sankt peter.

Vorstellungen:

  • Donnerstag, 15. Mai 2014
    18:00 Uhr
    jugend-kultur-kirche sanktpeter, Bleichstraße 33 / Eingang Stephanstraße, 60313 Frankfurt am Main

Kontakt:

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